Geschichte der Gerhardingerschule

 

Gerhardinger Grundschule Regensburg

 

Gut steht sie da, die Gerhardingerschule zu Stadtamhof, vielen Regensburgern bekannt und bei vielen beliebt. Doch kaum einer ahnt, welch bewegte Geschichte diese Schule in den über 270 Jahren ihres Bestehens hinter sich hat. Kaum einer weiß genau, woher sie ihren Namen hat. In kurzen Zügen soll hier ihr Werdegang aufgezeigt werden.
Die Anfänge liegen im Jahr 1734. Die begüterte Gräfin Metsch hatte vor, ein Frauenkloster zu stiften und postulierte dazu fünf Augustinerchorfrauen „de Notre Dame“ aus Eichstätt, deren Ordensstifter der selige Petrus Forerius war. Da ihr schließlich ein Prozess die Mittel raubte, riet ihnen der churköllische Reichsgesandte Freiherr von Karg auf Bebenberg, das Vorhaben aus eigener Kraft, aber mit seiner Unterstützung weiterzuführen. Die fünf Frauen kauften einen Grund vom Kloster St. Magn und setzten diesen Rat in die Tat um.
Am 15. Oktober 1735 konnten sie das Kloster beziehen, wenn auch noch mit beträchtlichen Bauschulden. Diese tilgten sie durch die Erziehung und Unterweisung von Mädchen aus dem Adel und dem gehobenen Bürgertum, dem sie zum Teil selbst entstammten. Als Schulhaus diente ihnen das ehemalige Stadtschreiberhaus in der heutigen Andreasstraße 17. Ihre Zahl wuchs, so dass um 1770 etwa 20 Chorfrauen in diesem Kloster lebten und wirkten.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts wurden im Zuge der Säkularisierung alle Klöster und konfessionsgeführten Schulen aufgelöst. Nach den Franziskanern und den Augustinerchorherrn zu St. Magn in Stadtamhof mussten 1809 die Notre-Dame-Frauen nach langen Repressalien Kloster und Schule verlassen, ihr Vermögen wurde versteigert. „Der Staat gewann einen schönen Klosterbau und ein Kapital von etwa 30 000 fl.; ein Teil des letztern wurde der Gemeinde Stadtamhof überwiesen mit der Auflage, für eine Mädchenschule zu sorgen“, schreibt die Chronik der Schule.
Wer sollte nun den Unterricht übernehmen? Die allgemeine Schulpflicht war zwar eingeführt, aber es fehlten ausgebildete Lehrkräfte und Schulgebäude. Wie sollte es weitergehen?
Es gab zu dieser Zeit einen weit denkenden und verantwortungsbewussten Schulinspektor, der für Stadtamhof zuständig war, Dompfarrer Georg Michael Wittmann. Er schickte einen seiner Kooperatoren namens Maurer, der die verwaiste Mädchenschule übernahm und ca.120 Kinder in einem Raum sechs Jahre lang unterrichtete. Wittmann, der die Schule und die Kinder gut kannte, wählte drei begabte Mädchen als „Adstanten“ aus, die ihm als Gehilfinnen beistehen und dabei den Lehrberuf erlernen sollten. Unter ihnen war die Schiffermeisterstochter Karolina Gerhardinger, 12 Jahre alt, die in der Nähe am heutigen Gries 19 wohnte.

 

Elternhaus von
Karolina Gerhardinger
Am Gries 19

 

Nach drei jähriger Ausbildung legten die drei ihre Anstellungsprüfung ab und durften sich nun „königliche Lehrerinnen an der königlichen Mädchenschule zu Stadtamhof“ bezeichnen. Karolina Gerhardinger war nun 15 Jahre alt. Die Schule war bis zum Jahr 1812 im aufgehobenen Notre Dame Kloster untergebracht. Aber nun beanspruchte der Staat das säkularisierte Kloster als Kaserne. Die heimatlos gewordene Mädchenschule wurde notdürftig im Katharinenspital untergebracht, wo der Unterricht 4 Jahre lang im Zimmer einer Seniorin zusammen mit deren Spinnrad und einer Geiß stattfand. Ein bescheidenes Gehalt bekamen die jungen Lehrerinnen erst ab 1815. Nun wurde ihnen auch ein geräumigeres Schulhaus in der Andreasstraße 20 zugeteilt. Jede der drei Lehrerinnen  bekam einen eigenen Schulraum. Im Kloster noch vorhandene Schulnotenbücher aus dieser Zeit zeigen, welche Schulfächer üblich waren:

  • Religion und biblische Geschichte
  • Druck- und Schriftlesen
  • Schön-, Recht- und Diktandoschreiben
  • Kopf- und Tafelrechnen
  • allgemein nützliche Gegenstände (=Geographie, Geschichte, Naturgeschichte)

1817 wurde für alle Klassen Gesangsunterricht eingeführt, ebenso Zeichenunterricht für besonders Begabte. Ferner genoss der Handarbeitsunterricht eine ausgedehnte Pflege in 10 Wochenstunden.
Die Chronik spricht davon, dass ein froher Geist in der Schule herrschte, so dass die Listen fast keine Versäumnisse aufweisen in einer Zeit, in der Klagen über mangelhaften Schulbesuch allgemein waren. Unterstützt von Wittmann, der ein erfahrener Schulmann und Pädagoge war und auch selbst Stoffpläne ausarbeitete, erlangte die Schule den Ruf als „Musterschule“, so dass sich oftmals hohe Gäste einfanden und Lehrlinge die Kunst des Unterrichtens dort erlernen wollten.
In Karolina Gerhardinger wuchs der Wunsch, das ehemalige Notre Dame Kloster wieder zu errichten. Weil aber der Stadtamhofer Magistrat diese Plane ablehnte, siedelte sie im Jahre 1833 nach Neunburg v. Wald über, wo sie den Orden der Armen Schulschwestern gründete und den Ordensnamen Maria Theresia von Jesu Gerhardinger annahm. Die beiden übrigen Lehrerinnen führten in Stadtamhof den Unterricht weiter. Als sie ab 1852 in Ruhestand gingen, wurden die Schulschwestern, deren Orden sich sprunghaft ausweitete, an ihre Stelle nach Stadtamhof gerufen.
Wegen wachsender Schülerzahl bekam Steinweg 1883 ein eigenes Schulhaus am Dreifaltigkeitsberg.
1892 kaufte die Stadtgemeinde Stadtamhof vom Kriegsministerium die Kaserne für 72 000 M. zurück. 1895 wurde sie als Doppelschulhaus für Knaben und Mädchen feierlich seinem Zweck übergeben. Ein langer Festzug bewegte sich zum neuen Schulhaus, an dem die Schulkinder, das Lehrpersonal, die Mitglieder des Magistrats und des Gremius mit Herrn Bürgermeister Xaver Gräßl an der Spitze, Baron von Grießenbeck, der Kreisschulinspektor Eugen Leipold, Herr Regierungstechniker Aumer, der den Bau leitete und viele Stadtbewohner teilnahmen. Die Chronik der Schulschwestern schreibt, dass die östliche Hälfte für die Knabenschule und die Lehrerwohnung verwendet wurde, der westliche Teil für die Mädchenschule, das städtische Waisenhaus und die Schwesternwohnung. 1913 wurde die Dampfheizung eingerichtet.
Die Kriegsjahre brachten ein Auf und Ab für die Schule.
1915 wurde die Knabenschule mit Militär belegt und in der Mädchenschule Abteilungsunterricht eingeführt. Gegen Ende des Jahres konnte der regelmäßige Unterricht wieder beginnen.
1924 wurden die nördlichen Vororte Regensburgs eingemeindet. Die Schulen in Stadtamhof und Steinweg wurden wieder ein Schulkörper mit der Schulleitung in Stadtamhof.
1937 wurden die klösterlichen Lehrkräfte durch die Regierung abgebaut und mussten sich anderweitig Wohnung und Unterhalt besorgen.
1944 am 23. November ging ein Bombenteppich über den Gries nieder, der auch das Schulhaus an der Ostseite stark beschädigte und sämtliche Türen und Fenster zertrümmerte.
1945 durften die Schulschwestern den Schuldienst wieder aufnehmen. Sie waren zum Teil in Missionsländer ausgewandert.
Die Nachkriegsjahre waren gekennzeichnet von großer Not: mühevolle Aufräumarbeiten, keine Lehrbücher, keine Hefte, kein Schreibzeug, wenig Anschauungsmaterial, überfüllte Klassen mit Wechselunterricht.
1947 erhielt die Mädchenschule Stadtamhof und Steinweg gemäß dem Gesetz der Wiedergutmachung ihre eigene Schulleitung, Schw. Clarissa Fronbeck, die bereits vor dem Abbau die Schule geführt hatte (1934-1937).
Auf diese bewegte Zeit folgten relativ ruhige Jahre. Das Schulleben blühte auf:
Zunächst gab es die Schulspeisung, nach und nach bekam jede Klasse wieder eine eigene Lehrkraft und einen Klassenraum. Es gab Sportfeste, den Jugendgesang, Wanderungen, Fahrten, Schulfeiern, Schullandheimaufenthalte, Bundesjugendspiele, Theateraufführungen, Ausstellungen und verschiedenste Aktionen. Unter den Lehrkräften begann ein eifriges Fortbildungsstreben. Bis 1966 hatten die Schulschwestern die Leitung der Schule inne. Ihr Kloster war – solange räumlichen Verhältnisse für die Schule ausreichten - bis 1981 im Schulgebäude untergebracht. Sie versuchten, den pädagogischen Auftrag ihrer Gründerin Theresia Gerhardinger zu verwirklichen, die gesagt hatte: „Für unsere Kinder ist das beste gerade gut genug.“ Vor allem hatte sie die armen Bevölkerungsschichten im Auge, denen sie durch Bildung zu einer besseren Existenz verhelfen wollte. Davon leitet sich der Ordensname „Arme Schulschwestern“ ab. Damit hatte sie Geschichte geschrieben. Im Jahre 1977 wurde die Schule nach dieser großen Frau aus Stadtamhof „Gerhardingerschule“ benannt. 1983 wurde zum 150 Gründungsjubiläum der Schulschwestern eine Gedenktafel enthüllt, die der Heimatverein „ Statt am Hoff“ am Hauseingang anbringen ließ, um Bischof Wittmann und Theresia Gerhardinger zu würdigen. Auch eine Straße in Stadtamhof erhielt ihren Namen.


GedenktafelNachwuchsmangel und Alter zwang den Orden, die Schule Stadtamhof aufzugeben. Mit Sr. Barbara Silberhorn (2007) und Sr. Gabriele Sagmeister (2010) verließen die letzten Schulschwestern die Gerhardingerschule, die so sehr mit ihrer Geschichte verbunden ist.
Doch die Schule wächst und blüht entsprechend der Not der Zeit.
1984 bekam die Schule eine Sporthalle und Freisportflächen,
1987 wurde ein Kinderhort im Parterre der Schule eröffnet. In den letzten Jahren  entstanden verschiedene Mittagsbetreuungen im 2. Stock.
Die Lehrkräfte sind sich der besonderen Geschichte ihrer Schule bewusst und versuchen, den Auftrag ihrer Namensträgerin fortzuführen– zum Wohl ihrer Schutzbefohlenen.

 

 

 

Literatur: Chronik der A. Schulschwestern vom Gries 19
Stadtamhof (1981): Karl Bauer: „Das ehemalige Kloster Notre Dame – heute Gerhardingerschule“
Stadtamhof im 19. Jhd.(1991): Alfred Hofmaier: „Das Schulwesen in Stadtamhof“